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Arbeitsgesellschaft

Obwohl die Anzahl der Erwerbsarbeitsplätze wegen der kontinuierlich ansteigenden Produktivität ständig zurückgeht, wird in unserer Gesellschaft an der Arbeitszentriertheit mit allen ihren Folgen festgehalten.

Zu diesen Folgen zählt, daß die soziale Absicherung ständig unsicherer wird, da sie an Erwerbsarbeit gekoppelt ist und damit eine immer geringer werdende Zahl von Erwerbstätigen für Rente, Gesundheit, Pflege und Arbeitslosigkeit aufkommen muß. Allerdings werden nur diejenigen mit ihren Einkommen zur Finanzierung der sozialen Sicherung der Mehrheit herangezogen, deren Einkommen unter der Beitragsbemessungsgrenze liegt.

Das Konzept des alten Sozialstaates wurde unter dem Fordismus entwickelt. Zu dieser Zeit war das patriarchale Familiensystem gesellschaftlich durchgesetzt, das bedeutete, die soziale Sicherheit einer ganzen Familie wurde über den männlichen Ernährer gewährleistet. Die Reproduktionsarbeit war alleinige Aufgabe der Frauen, was sie finanziell abhängig machte und ihre Selbstbestimmungsmöglichkeiten einschränkte.

Ist auch klar erkennbar, das Ziel der Vollbeschäftigung ist nicht mehr erreichbar, wird an dieser ideologischen Fiktion festgehalten. Andererseits wird, um das Konzept des Neoliberalismus durchsetzen zu können, die Armutsdrohung ständig erhöht. Die Lebensbedingungen unter Hartz IV, die bereits nach einem Jahr Arbeitslosigkeit eintreten, verhindern jegliche Möglichkeit aktiver gesellschaftlicher Mitgestaltung, da die Sorge um die einfache Existenzsicherung das Leben beherrscht.

Die allgegenwärtige Propagierung der Zentralität von Erwerbsarbeit bewirkt, jeder Einzelne definiert seinen gesellschaftlichen Wert über die Anerkennung seiner Erwerbstätigkeit. Dies führt bei den Armuts- und Hartz-IV-Betroffenen zu einem schleichenden Verlust des Selbstwertgefühls und bewirkt, daß fast jede Arbeit zu jeder Arbeits- und Lohnbedingung angenommen wird. Diese ‚neoliberale Drohung’ trifft jedoch nicht nur die dem Hartz-IV-Regime unterworfenen Menschen, sondern zielt weit in die Arbeitsgesllschaft hinein und verhindert weitgehend kollektive Widerstandsformen, da der individuelle Erhalt des Arbeitsplatzes zu jeder Bedingung zum dominanten Ziel wird.

Die Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich zusehends. Während die einen sich den gesellschaftlich produzierten Reichtum privat aneignen, die anderen unter Hartz-IV-Bedingungen der Armut ausgesetzt werden, nimmt die Zahl der Menschen zu, die von ihrer Arbeit nicht mehr leben können, da als Folge der Deregulierung die Löhne so weit absenkt werden, daß ihre Höhe nicht mehr zum Leben, geschweige denn für ein menschenwürdiges Auskommen, reicht. Die reale Armut, einschließlich der Kinderarmut, wächst beängstigend und für die Zukunft ist mit einer weit verbreiteten Altersarmut zu rechnen.

Wer in der Armut angekommen ist, wird zunehmend gesellschaftlich marginalisiert. Das kapitalistische System macht ihm deutlich, nicht nur überflüssig, sondern wertlos zu sein.

Um soziale Sicherheit auch unabhängig von Erwerbsarbeit zu gewährleisten, fordern wir die Gesundheitsversorgung über eine solidarische Bürgerversicherung, die alle Einkommensarten zur Finanzierung heranzieht und jeden individuell absichert. Bis zur Durchsetzung eines bedingungslosen Grundeinkommens müssen Rente und Arbeitslosenversicherung nach denselben Kriterien finanziert werden. Bei beiden Transferleistungen muß eine armutsfeste Grundsicherung ein menschenwürdiges, gesellschaftliche Partizipation ermöglichendes, Leben garantieren.

Soziale Absicherung aber ist nicht genug. Wir fordern nicht nur eine andere Form von Gerechtigkeit, sondern ein anderes Daseinsprinzip. Der Mensch hat nicht dazu da zu sein, sich wirtschaftlichen Bedingungen zu unterwerfen, sondern die Menschen sollen sich in demokratischen Verhältnissen die wirtschaftlichen Bedingungen schaffen, die Würde und Selbstbestimmung eines jeden Menschen gewährleisten.


Texte zum Thema Arbeitsmarkt/Hartz IV:

Arbeitsverhältnisse und Transformationsmöglichkeiten (2009)

Die kapitalistische Krise zerstört Illusionen. Solange Menschen sich selbst aufspalten und einen Teil von sich dem Markt als Arbeitskraft anbieten müssen, um das Überleben zu sichern, bleibt dieses unsicher. Ein menschenwürdiges, befriedigendes Leben erfordert andere Werte als höher, schneller, weiter für möglichst viel Konsum. Es erfordert vor allem, die eigene Lebenszeit selbstbestimmt so einsetzen zu können, dass die eigenen Fähigkeiten in gesellschaftlichen Beiträgen zur Geltung kommen.

In einem Positionspapier (s. unter downloads) zeigt die AG Alternativen auf; hier die Langfassung.

 

Überlegungen zur Zukunft der Arbeit (2007)

In der AG genug für alle wird seit vielen Jahren über den Arbeitsbegriff und die Arbeitserhältnisse nachgedacht. Erwerbsarbeit prägt unsere Rolle in der Gesellschaft und bestimmt übr die soziale Sicherheit. Und Erwerbsarbeit stellt unsere Integration in den Kapitalismus sicher.

Werner Rätz zeichnet die Überlegungen aus der AG in einem Beitrag für das Jahrbuch für Pädagogik 2007 (S 117 - 134) nach

 

 - Achim Trube, Carsten Weiß

 - Astrid Kraus
 - Attac-Aufruf
<link genug-fuer-alle cms>Hartz IV: Vordergründe, Hintergründe, Abgründe - Günther Salz
 - Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit Ausgabe 10 / 21.07.03
 - Broschüre Wirtschaftspolitik ver.di 2003
 - Attac-Reader